Galilei und Marius


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... vorzunehmen. Vom Entdecker und Verfasser Simon Marius aus Gunzenhausen, Mathematiker der Markgrafen von Brandenburg in Franken & Anhänger der reineren Medizin. Mit der Huld & Erlaubnis der Heiligsten Kaiserlichen Majestät. Druck & Verlag: Johann Lauer, Bürger und Buchhändler zu Nürnberg im Jahre 1614."[1]

Schon diese Überschrift dürfte Galilei missfallen haben, denn der Name des Verfassers dürfte ihn an vergangene Kontroversen mit Balthasar Capra an der Universität von Padua erinnert haben, der ein Schüler des Marius gewesen war. Zunächst ging es um den von den beiden letztgenannten entdeckten Neuen Stern im Fuß des Schlangenträgers, danach um ein Buches Capras über einen geometrischen und militärischen Zirkel, in dem er sich allzu freizügig der Arbeit von Galilei zum gleichen Thema bedient hat. Dieses Buch erschien 1607 und Galilei erwirkte eine Klage gegen dessen Veröffentlichung, worauf es eingezogen und mit Verkaufsverbot belegt wurde.

Was aber Galilei vor allem irritiert haben dürfte, ist die offensichtlich absichtliche Gegenüberstellung der Wörter ope perspicilli Belgici [mit Hilfe des belgischen Fernrohrs] zu denen in der Überschrift des Sternenboten: perspicilli nuper a se reperti beneficio [mit Hilfe des von ihm selbst erfundenen Fernrohrs].[2]

Doch zum Buch von Marius selbst: Galilei war seit vier Jahren damit beschäftigt, das nötige Material zusammenzutragen, um Tafeln zu konstruieren, die zu Vorhersagen der Emersionen und Immersionen der Jupitersatelliten taugten. Dabei hatte er den Hintergedanken, diese könnten zur Bestimmung der Länge auf See dienen. Dass ihm Marius mit seinen Tafeln zuvorkam, dürfte ihn unangenehm berührt haben. Darüber hinaus hat der deutsche Astronom eine Erklärung für die Breitenabweichungen der Monde gegeben, für die Galilei keine einleuchtende Erklärung hatte und ...


Fussnoten

  1. Zu einer zweiten Ausgabe siehe Anhang III am Ende dieser Abhandlung.
  2. Wir weisen noch darauf hin, dass im Buch des Marius sich mehrere Stellen befinden, in denen man einen offensichtlichen Zusammenhang zwischen den von ihm verwendeten Begriffen und denen von Galileis finden kann. Favaro gibt fünf Beispiele an, die er sofort als Beweis des Plagiats ansieht. Dies erscheint uns völlig unhaltbar. Wenn wir annehmen, dass Marius ein Plagiat begehen wollte, so hätte er zumindest versucht, sein Vorhaben zu verschleiern. Es wäre ihm sicher gelungen, jede Übereinstimmung bei der Wortwahl zu vermeiden, zumal der Sternenbote eine solche Verbreitung und Berühmtheit in der wissenschaftlichen Welt erlangt hatte, dass jedem Leser die Übereinstimmungen sofort aufgefallen wären. Es ist kaum zu bezweifeln, dass die Übereinstimmungen von Marius gesucht und gewollt sind, um deutlich hervorzuheben, dass zu einigen Sachverhalten, zu denen Galilei gelangt war, auch Marius selbst gelangt war. Wir möchten auf die betreffenden Stellen im Buche Favaros verweisen: Ein unvoreingenommener Leser wird zum entgegengesetzten Schluss kommen als dem, den Favaro als "legitima consequenza" [berechtigte Folgerung] dem Leser zu suggerieren versucht.