Briefwechsel Tobias Mayer
| Kurzinformation zum Brief | Zum Original |
| Autor | Mayer, Tobias (1723-1762) |
| Empfänger | Münchhausen, Gerlach Adolph von (1688-1770)[1] |
| Ort | Göttingen |
| Datum | 21. August 1755 |
| Signatur | Universitätsarchiv Göttingen: Kur. 7254, Bl. 289r-290r, 291r |
| Transkription | Hans Gaab, Fürth |
Hochgebohrner Freyherr,
Gnädigster Herr.
Da durch Ew. Hochgebohrnen Excellenz gnädigste Vorsorge das hiesige Obseruatorium der Mural-Quadrant nächstens aus England hier anlangen wird,[2] und durch solchen dieses Gebäude endlich in den Stand kommen kann, auf künftigen Winter Obseruationen von Wichtigkeit darauf anzufangen. So kann ich so wenig das Vergnügen bergen, welches mir diese Hoffnung erweckt, als es möglich ist, Ew. Excellenz geprießene Vorsorge für
[Bl. 289v]
das Aufnehmen der Wissenschaften durch die
eifrigste Dankbegierde zu vergelten. Wegen
des sichern Transports von Münden hieher,
habe ich sogleich dem erhaltenen gnädigsten
Befehl zu folge an den dortigen Bürgermeister
Unger[3] geschrieben; auch über die Aufrichtung
des Pfeilers, an den der Quadrant solle
befestiget werden den Mauermeister Heine[4],
der das Gebäude aufgeführet, vernommen.
Letzterer hat in dem anliegenden P. M.
die Schwierigkeiten eröffnet, welche die
Aufsetzung dieses Pfeilers verursachet,
wenn er nach Angebung des engländischen
Küstlers gemacht werden solle; und
da sich solche nur allzu gegründet
finden, auch die darauf zu verwendende
Unkosten sich leicht auf 100. Thlr. belaufen
könnten: So habe ich nicht
[Bl. 290r]
ohne unterthänigste Anfrage und erhaltene
gnädigste Bewilligung dieses Werk anfangen
wollen. Es würden zuvor, wenn
man von der Anordnung des Küstlers,
was diesen Pfeiler betrifft, abgehen und
denselben nicht aus einem Stücke
verfertigen lassen wollte, so wohl die Schwierigkeiten
als Kosten sich um vieles vermeiden
lassen; doch wäre dabey einestheils zu besorgen,
es möchte solche Veränderung der Richtigkeit
der Observationen nachtheilig seyn; anderntheils
aber nöhtig, die Ankunft des Quadranten selbst
abzuwarten, um die Einrichtung des Pfeilers
nach der Beschaffenheit des Instruments angeben
zu Können.
Ich verharre in tiefster Devotion
Hochgebohrner Freyherr,
Gnädigster Herr
Ew. Hochgebohrnen Excellenz
Göttingen d. 21. Aug.
1755.
unterthänigster
T. Mayer.
[Bl. 291r]
P. M. M.
Vorgeschriebener Stein, welcher 7 Fuß lang, 5 Fuß hoch, 2 Fuß dicke hält am Gewichte über 70 Centner, ist ohnmöchlich auf den Wagen anfahren zu laßen. Es seÿ denn daß eine besondere Maschine, entweder ein Schleiff oder Plackwagen darzu verfertiget würde. Was daß anbringen und an die gehörige Stäte zu schaffen erfordert wird, gebe einen Bauverständigen zu überlegen anheim, indem daß Gerüste erstlich mit Mauern fundamentirt werden müße, wann es die Last nicht in die Erde drücken soll, ingleichen würde der in Gang, und der Fußboden im Sahl sich drucken, wenn nicht von unten eine Balckenlage nach, der anderen untergebauet würde. Die Umstände zu einem so mühsahmen Werck sind ungewiß, und die Bedürffniße häuffen sich beÿ der Handanlegung immer mehr, als man sich selbige vorstellet. Die Aufbauhung des Observatorio hat mich überzeuget daß man sich beÿ vorheriger Bestimmung der Kosten in unerträchlichen Schaden setzen könne.
G. d. 20. Aug. 55
J. C. Heine.
Fußnoten
- ↑ Gerlach Adolph von Münchhausen (1688-1770) war Minister des Kurfürstentums Hannover. 1734 war er einer der Begründer der Georg-August-Universität in Göttingen. Ab 1753 war er als Kammerpräsident für das Ressort Finanzen zuständig.
- ↑ Der Muralquadrant war bei John Birch (1709-1776) in England bestellt worden.
- ↑ Johann Christian Unger (um 1710-23.08.1771) war Bürgermeister in Hannoversch Münden. Er sollte den Muralquadranten in Empfang nehmen, der auf dem Wasserweg entlang der Weser von Bremen nach Münden transportiert wurde.
- ↑ Der Maurer und Stukkateur Johann Caspar Heine
stammte aus Hirschbach bei Dresden und erhielt am 30.09.1735 in Göttingen das Bürgerrecht.
Er wohnte seit 1748 in der Gothmarstr. 523. Er scheint
1764 gestorben zu sein.
- Wellenreuther, Hermann: Göttingen 1690-1755. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1988, S. 378, Tabelle IV, Eintrag 280; S. 455, Tabelle XIV, Eintrag 143
