Briefwechsel Tobias Mayer
Kurzinformation zum Brief | Zum Original |
Autor | Kästner, Gotthelf Abraham (1719-1800)[1] |
Empfänger | Münchhausen, Gerlach Adolph von (1688-1770)[2] |
Ort | Göttingen |
Datum | 12. Oktober 1763 |
Signatur | Universitätsarchiv Göttingen: Kur. 9272, Bl. 123r-127r |
Transkription | Hans Gaab, Fürth |
Hochgebohrner Freyherr,
Gnädigster Herr
Hochgebietender Herr Geheimder Rath
und Cammer Präsident
Verschiedene neue Proben eines gnädigsten Interesses damit Eur. Hochfreyherrl. Excellenz mich beehret haben, erkenne mit unterthänigsten Danke, und werde solcher würdig zu seyn mich eifrigst bestreben.
Die Fr. Prof: Mayerin[3], hat in ihrem Schreiben glaube ich das was sie der hohen Regierung anbietet zulänglich beschrieben. Es besteht in Zeichnungen
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vom Monde, die nach den vieljährigen darauf
gewandten Fleisse, und der grossen Geschicklichkeit des seel.
Prof. Mayers, allerdings vortrefflich sind. Ihre Bestimmung
ist eigentlich zu der von ihm unternommenen
MondsKugel. Es würde allerdings Göttingen zur Ehre
gereichen, wenn dieselbe von hier aus könnte verfertiget
werden. Indessen verbindet mich auch meine
Pflicht, was dazu noch erfordert wird, anzuzeigen.
Aus der von dem seel. Mayer vollendeten Zeichnung des ganzen Mondes, müssen zwölf Stücke einzeln so gezeichnet werden wie es die runde Kugel damit zu bedecken erfordert wird; deren sind sieben vom Prof: Mayer gezeichnet fünf müssen noch, aus der erwähnten ganzen Abbildung abgezeichnet werden, und es sind eben die fünf die am schwersten zu zeichnen sind. Von dieser Arbeit des abzeichnens also, wäre mehr als die Hälfte noch rückständig. Daß auf den Fall, wenn die Kugeln sollen herauskommen, hier jemand zur Verrichtung dieser Arbeit zu finden wäre, zweifle ich nicht; ich selbst würde mich damit, ohne Verabsäumung anderer mir obliegenden Pflichten nicht einlassen können, aber gar
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gern jemanden den dazu nöthigen Unterricht ertheilen.
Wären nun diese zwöLf Zeichnungen alle fertig, so
müssen noch sechs davon in Kupfer gestochen werden, sechs
hat der verstorbene Prof. Mayer schon stechen lassen, welche
Platten, die wirklich sehr schön gestochen sind, mit zu diesem
Handel gehörten. Allsdenn könnten die Platten abgedruckt
werden, das Uebrige käme auf die Verfertigung der Kugeln
und Ueberziehung derselben mit den Abdrücken an.
Ob hier Künstler sind, die den Kupferstich, die Verfertigung der Kugeln, den Abdruck, kurz alles ausser der Zeichnung, besorgen können, das wird Ewr. Excellenz selbst bekannt seyn. Die fertigen Kupfer sind von Preißler[4] in Nürnberg, der müsste auch wohl die übrigen machen, und vermuttlich wäre alles auser der Zeichnung in Nürnberg leichter zu verfertigen als hier. Nach dieser aufrichtigen Vorstellung der Sache, werden Ew. Excellenz selbst urtheilen, wie weit der Fr. Prof. Mayerin Antrag anmehmlich sey. Es wäre allerdings wie gesagt eine Ehre für Göttingen,da aber zu der Ausführung des Ganzen noch einige Mühe und Kosten gehörten, so liesse die Fr. Prof. Mayerin wohl von ihrer Forderung noch etwas nach. Es würde
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auch zu überlegen seyn, ob etwa die völlige Verfertigung
der Kugeln jemanden in Verlag zu geben wäre, weil
ich nicht weiß wie sonst die aufzuwendenden Kosten
wieder zu erhalten wären. Sollte jemanden aufgetragen
werden, dieser Sache mit der Fr. Pr. Mayerin
zu handlen so muß ich unterthänigst melden[?], daß ich
aus verschiedenen Ursachen dazu ungeschickt bin.
Ausser der Absicht zur Verfertigung der Kugeln, wären
die vorhandenen Zeichnungen, auch mit grossen Nutzen
auf dem Observatorio bey betrachtung des
Mondes zu brauchen; ja es würde fast schäntlich
seyn, wenn man sie hier aus den Händen geben
müsste, daß sich vielleicht ein anderer derselben
auswärts bediente, und dadurch einen Vorzug
erhielte, den man allerdings hier zu behalten wünschen
möchte.
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um desto mehr, da sie theils zur berichtigung des Quadrantens,
theils zur Erläuterung verschiedener der Soc.
der Wissens. überlieferten Abhandlungen erfordert
werden dürften.
Ich komme nunmehr auf das gnädigst mir anvertraute Observatorium, welches ich der dabey gehegten Absicht gemäß zum Nutzen angewenden eifrigst bemüht seyn werde. Ich muss nur beklagen, dass durch Fehler der ersten Anlage, das Verderben darauf ist veranlasst worden; das des Commiss. Müllers[5] bericht, der Wahrheit völlig gemäß erzählet. Die von ihm vorgeschlagene Ausbesserung, besteht 1) in Ergänzung des Daches, welches so blad als möglich zu bewerkstelligen von ihm veranstaltet ist 2) in einer Ausbesserung die erst aufs künftige Jahr müsse unternommen werden. Meine Pflicht verbindet mich dabey unterthänigst zu melden daß diese Ausbesserung doch den Uebel auf einige Zeit wieder abhelfen würde, und etwas dauerhaftes, und der Richtigkeit eines Instruments wie der Qudrant ist, anständiges, nur von einem Gewölbe zu erwarten wäre, welches auch Hl. Prof. Lowizens zuletzt bey der Uebergabe geäuserte Gedanken waren.
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Der hl. Comm. Müller hat in seinem Berichte, das
Gewölbe erwähnet, aber wegen der Kosten die sich
ohngefähr auf 2000 Rth. belaufen möchten, darauf
zu bestehen, nicht gewaget. Indessen ist gewiß, daß
diese freylich etwas betrachtlichen Kosten, die einzigen
recht nützlich angewandten, die anderen aber
nur ein Flickwerk zu wege zu bringen[?] tauglich
seyn würden. Sollte dieser Gedancke
genehmiget werden, so wäre wohl am meisten
zu wünschen, daß der Bau dem Hl. Comm. Müller
als Entrepreneur allein überlassen würde.
Was mir dabey in Absicht auf die Instrumente
zu besorgen oblieget, würde ich desto fleissiger
bewerkstelligen, da meine jezige Wohnung nur einige
Schritte vom Observatorio antfernt ist.
Wegen dieser Instrumente werde ich wohl etwa um Mittheilung des von Hl. Prof. Lowiz abge-
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fassten, und von mir unterschreibenen Verzeichnisses
unterthänigst bitten dürfen. Ich muß dabey melden
daß auf das Observatorium die physikalischen
und andern Instrumente, die sonst auf der Bibliothek
gewesen, eigentlich nicht gehören; Hl. Lowiz
wollte nur alles dabey haben[?] was der seel. Mayer
bey sich gehabt. Jezo nehmen diese Sachen, darunter
viel zerbrechliche Gläser u. d. g. seien, den
Platz auf dem Observatorio so ein, daß man
nicht wege findet hin und her gehen, oder etwa
was bey einer Observation zu schreiben wäre
schreiben kan. Sollen sie da bleiben, weil
doch auf der Bibliothek kein Platz für sie ist,
so wäre zu wünschen, daß befohlen würde
etwa einen oder ein Paar Schränke, an die
Wände des Observatoriums zu machen, darinnen man
sie verschliessen könnte. Sie könnten allsdenn auch mit
da gebraucht werden, Fremden , die das Observatorium
besuchen, und von den wenigen daselbst befindlichen astronomischen
Instrumenten, derselben Werthe nach nicht
zu urtheilen fähig sind, mit etwas die Augen zu füllen.
Diese Anordnung müste aber wohl bis nach vollendeten
Baue verschoben werden.
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Bey Ew. Ho.[?] hat sich einer Nahmens Schede[?], durch ein
paar Bittschrifften, um den hiesiegen Pedelldienst unterthänigst
gemeldet. So viel ich urtheilen kann, schicket er
sich dazu vorzuüglich, wie vielleicht schon aus meinen
[...] ersten bittschriftl. beygelegten Zeugnisse zu ersehen
seyn wird. Da er etwas studiert hat so besitzt er soviel
Kenntniß als von dem diener eines gelehrten Gerichts
erfordert wird, und seine Gemüths- und Leibesbeschaffenheit
sind so, daß er dabey vorfallenden Verrichtungen emsig und geschickt bewerksteligen
würde.
Ich verharre mit tiefster devotion
Hochgebohrner Freyherr
gnädigster Herr
Hochgebietender Herr Geheimder Rath
und CammerPräsident
Eur. Hochfreyherrl. Excellenz
Göttingen
d. 12. Octobr.
1763
unterthänigster gehor-
samster Knecht
Abraham Gotthelf Kästner
Fußnoten
- ↑ Abraham Gotthelf Kästner (1719-1800) war seit 1756 ordentlicher Professor der Naturlehre und Geometrie in Göttingen.
- ↑ Gerlach Adolph von Münchhausen (1688-1770) war Minister des Kurfürstentums Hannover. 1734 war er einer der Begründer der Georg-August-Universität in Göttingen. Ab 1753 war er als Kammerpräsident für das Ressort Finanzen zuständig.
- ↑ Maria Victoria Mayer, geborene Gnüge (1723-1780) war die Witwe von Tobias Mayer.
- ↑ Georg Martin Preisler (1700-1754) scheint die ersten Platten gestochen
zu haben. Dessen Arbeiten führte Johann Justin Preisler (1698-1771) weiter.
- Grieb, Manfred: Nürnberger Künstlerlexikon, Band 3. München: Saur 2007, S. 1172-1174
- ↑ Johann Michael Müller (1723-1777)
hatte von 1740 bis 1744 Mathematik in Göttingen studiert. 1750 wurde er Aufseher
über die Gebäude im Gebiet des ehemaligen Fürstentums Göttingen.
Ab 1753 konnte er auch Vorlesungen zur angewandten Mathematik abhalten.
- Appel, Thomas: Göttinger Künstlerlexikon. Göttingen: Universitätsverlag 2022, S. 413