Briefwechsel Georg Moritz Lowitz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Vormundamt
Empfänger  
Ort Nürnberg
Datum 4. April 1751
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Reichsstadt Nürnberg, Kirchen- und Vormundamt 1919 (11)
Stadtarchiv Nürnberg: B1/II Nr. 1883 (13), Bl. 1r-2r
Transkription Hans Gaab, Fürth


Actum Vormund-Amt, dem 4. / 21. Aprilis 1751.

Von dem Hl: Georg Moriz Lowiz, Mathem. Prof. Publ. ist gestrigen Tages die Nachricht übersandt worden, daß Er von den Hln. de l'Isle Astronomo Academiae Scientarum zu Paris[1] zu den gemeinschaftlich vorzunehmenden übereinstimmenden Observationen des Hln. Abbts de la Caille die Parallaxin lunae betrl. invitiret worden seÿe.[2] Dieser Ursach wegen hat Er zugleich das Ansuchen gethan, daß Ihme die Astronomische Instrumenta, wenigstens ein Octante oder Sextante, nebst einer Uhr, mögten übergeben werden, damit Er auf die nächstkünftige Woche mit seinen Observationen einen Anfang machen könnte. Es ist deshalben so wol bei dem Herrn

[Bl. 1v]
Castellani, Herrn. Chr. Gottl. Volckamer Wolgebl. Herrl[3] als auch des Herrn Baumeisters Chr: Carl Welsers[4] Wohlgebl. Gnl. anheute von Vormund-Amts wegen angefraget, und von Deroselben beliebet worden, die Ubergebung der auf dem Observatorio Astronomico befindlichen Instrumenten, Nachmittags vornehmen zu lassen. Dieweilen aber keine Specification derselben vorhanden wenigstens, bei des seel, Prof. Doppelmaiers hinterlassenen Sohns u. Erben[5] Abwesenheit, dermalen nicht so gleich zu Hand zu schaffen: So sollte alles dasjenige, was sich auf dem Observatorio finden würde, von Vormund=Amts wegen protocolliret u: aufgezeichnet werden; damit es hernach mit der etwann doch beÿzubringenden ehemaligen Verzeichnis conferiret u: beede gegeneinander durchgegangen werden könnte.

[Bl. 2r]

Des Herrn Baumeister Wolgebl: Gnl: haben also den Anschicker[6]

Johann Melchior Landeck, und den Zimmermeister Johann Stumpf Nachmittags auf das Observatorium gesendet, welche dem Hln. Prof. Lowiz, in Gegenwart des Vormund Schreibers {ie. Adam Birckners[7], und des Vormundamts Subsituti Joh. Heinrich Bauerriedels, die hernach folgende von den lezten sogleich beschriebene u: aufgezeichnete Instrumenta und anders, mit den zu den Zimmern und dem Thor des Observatorii gehörigen Schlüsseln, übergeben u: angewiesen haben.


Verzeichnis der Instrumentorum und Gerätschaft, so sich am 4. / dem 21. Aprilis A. 1751 auf dem Observatorio Astronomico befunden haben, u: dem Hln. Prof. Ge. Mor. Lowiz übergeben u. angewiesen worden.

In dem Stüblein wo die Uhren befindlich
- Eine Secunden Uhr, mit einem Perpendicul, von Zach. Landeck gefertiget.*

[Bl. 2v]
- Eine alte Secunden Uhr, ohne Perpendicul, auch von ermeldten Landeck.
- Eine Astronomische Uhr.
Ein kleiner alter Sextant, mit Schrauben.
- Ein blechenes Helioscopium.
Zwey kurze blechene Röhren, ohne Gläser.
Ein messinges Pendulum.
- Ein kleiner Aufsaz, oder Stück-Quadrant.
- Eine eiserne Winde, die Tubos zu rücken.

In dem Kämmerlein, wo die FernGläßer befindlich.

Neun alte blechene Röhren.
- Zwey hölzerne Stative.
Drey Fuß-Tritte oder Schämel
Eine hölzerne Sezweg.

Auf dem Observatorio selbsten haben sich befunden:
Ein großer Trient, der aber durch die Winde sehr gekrümmet, u: an dem Holz-Werk mehrern Theils zerbrochen worden.
Ein großer Quadrant.
Ein kleiner Quadrant.

[Bl. 3r]
Ein Sextant **
Ein Azimuthal-Instrument, wozu der Aufsatz in dem Uhren-Zimmer befindlich.
Ein doppelter Quadrant.
Ein Astrolabium.
Eine grosse Sphaera armillaris.
Eine Aequinoctial-Sonnen-Uhr.
Eine Gnomon oder Instrument die Tages länge zu observiren

(* u. **) Diese bemerkte Stücke sind des folgenden Tages dem Hln. Prof. Lowiz, durch den Zimmermeister Stumpfen, in seine Wohnung in der untern Söllners Gaß im so genannten Schlößlein,[8] oder dem Eckhause gegen Morgen gelegen, zur Anstellung der Observationen geliefert worden.

[Späterer Zusatz][9]
d, 16. Nov. Ao 1757 nach der Roßbacher Schlacht[10] wurden die mit bleiweiß bezeichneten und mit einem Strich bemerckte Stücke in das Löbl. Vormund Amt, die übrigen Sachen aber, welche theils in dem Stüblein an der Casernen wo nachgehends die Deserteurs und Arrestanten aufbehalten worden auf hohen Befehl des Hochansehnl: Herrn Kirchenpflegers Wohlgebl. Herrlichkeit in die sogenannte Kaisers Capelle auf geschehene Requisition bei des Hochansehnlichen Herrn Castellans Herrlichkeit aufbewahret, in Beÿseÿn des Thorwart Merzens.


Fußnoten

  1. Der französische Kartograph und Astronom Delisle ging 1725 nach St. Petersburg. Auf dem Weg dorthin kam er auch durch Nürnberg und wurde mit Doppelmayr bekannt. Erst 1747 kehrte er nach Paris zurück.
  2. Der Abt Nicolas-Louis de Lacaille (1713-1762) reiste 1750 ans Kap der guten Hoffung. Über gleichzeitige Vermessungen von dort und in Europa versuchte man die Parallaxe des Mondes sowie von Venus und Mars genauer zu bestimmen.
  3. Christoph Gottlieb Volckamer (1676-1752) war seit 1744 vorderster Losunger. Er starb am 23. November 1752, womit Lowitz einen wichtigen Förderer verlor.
  4. Christoph Carl Welser (1690-1756) war seit 1736 Ratsbaumeister.
  5. Johann Siegmund Doppelmayr (1720-1758) war damals Apotheker in Hof.
  6. "Anschicker" entspricht heute etwa dem Vorarbeiter.
  7. Der Jurist Adam Birkner (1700-1780) war damals Sekretär beim Vormundamt.
  8. Lowitz wohnte damals im Toplerhaus, das auch als "Schlößlein am Ponersberge" (= Paniersplatz) bekannt war. Es wurde im zweiten Weltkrieg vollständig zerstört und durch einen vergleichsweise schmucklosen Neubau ersetzt. Die heutige Adresse wäre Untere Söldnersgasse 17.
  9. Im Akt des Staatsarchiv wurde der Nachtrag von 1757 von deutlich anderer Hand geschrieben, der Akt im Stadtarchiv stammt von einer Hand und ist somit eine Kopie. Der Text der beiden Dokumente unterscheidet sich geringfügig.
  10. Roßbach ist eine kleine Gemeinde in Sachsen-Anhalt, die unterdessen von Braunsbedra eingemeindet wurde. Am 5. November 1757 fand in der Nähe die Schlacht von Roßbach statt, in der Friedrich der Große die französische Armee besiegte.