Briefwechsel Johann Philipp Andreae


Kurzinformation zum Brief  
Autor Johann Philipp Andreae (1699-1760)
Empfänger Löffelholz, Johann Carl (1673-1756)
Ort Nürnberg
Datum 12. Januar 1734
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 400-403
Transkription Hans Gaab, Fürth

WohlGebohrner Gnädiger Herr !

Auß gegenwärtigen Brieff von dem Seutter[1] von Augspurg werden Euer Gnaden ersehen, daß Er inständig um eine Antwort sollicitiert, weilen nun meinen ad statum legendi gesandten Brieff noch nicht zuruckerhalten, als bitte mir diesen heute zu schicken, daß solcher am Mittwoch um 9: Uhr auf die Post komme, ich kan ohnehin den nach Ettahl nicht ehender absenden, biß den Augspurger dabeÿ habe, indeme mir erstlich doppeltes Porto aufgienge, fürs ander müste der Ettahler an jemand andern in Augspurg addressieren, sonsten er nicht richtig bestellt würde; ich weiß wohl, daß diesen Augspurger Brieff Ihro Gnaden Herr Ebner[2] werden haben, weilen es in das Löbl. Kirchenamt eintrifft, ich habe aber meines Wißens nichts geschrieben daß praejudicierlich wäre, dahero mir diesen Brieff von dero Gnaden wider außbitte, solte aber wider alles vermuthen etwas sich darinnen befinden, so nicht seÿn dörffte, so will ich diesen ändern, ich habe die affaire schon beÿ 1½ Jahren in Güte zu tractieren gesucht mit denen Homännischen Erben, allein vergebens, ich habe mich auch dieserwegen in dem Lobl: Vormundamt gemeldet, und zwar noch beÿ dem Spießen[3], es ist aber mir gar zu wohl bekandt, daß selbiger Mann ein gantzer Menschenfeind war, und weder ja noch nein von Ihme zu bringen gewesen, daß der Seutter von Augspurg ist hintergangen worden, ist nur allzu gewiß, daß der Dr. Hohmanns seel: das Hochlobl. Vormundamt mit vieler Unwahrheit muß berichtet haben, zeigen der Erben ihre nichtige und hohle Außreden, der Seutter ist kein Mann von Zanck und Streit, sonsten Er die Sache schon pousiert, allein Er war vor einem Jahr hier, da ließe Er sich vernehmen, wann Ein Hochlöbl: Kirchenamt Ihme die blatten confisciert hätten, wären aber in dem Amt liegen geblieben, so würde Er nicht so viel darauß gemacht haben, daß aber dem Doctor Hohmann die Platten nach der Confiscation sind eingehändiget worden, dieses schmertzte Ihme, daß Er sehen müße, wie Er die Platten bezahlt, Ein anderer hingegen habe den Nutzen, zudeme hat der Doctor Homann erst nach der Hand das Privilegium erhalten, es wäre gar weitläufig von dieser materie ratione Privilegij zu sprechen, es leidet aber nicht so viel Zeit, und ist auch wie ich wohl weiß verdrüßich zum leßen; Wann man betrachtet, wie die Hhl: Kunsthändler sämtlich allhier denen Augspurgern ihre Sachen ebenfals nachmachen, und copieren laßen, so verdrießt es eben diesen Seutter, daß Er seine 61 fl: 30 gr. entbehren soll, ich erwarte einig und allein Nachricht, wie mich zu verhalten, oder ob ihme ad interim berichten solle, daß erster Tag eine sichere Nachricht folgen würde.

Ich wolte mir nichts mehrers wünschen, als mit Ihro Hochwohlgebohrn und Gnaden Hl: Ebner sprechen zu dörffen, ich versichere daß seine allzugroße Ungnade gegen mich gewißlich fallen solte, dann ich kan mich gar nicht faßen, daß dieser Gnädige Herr so gar lange solte Zorn halten können, wünschte mir, daß Er wißen solte, wie ich beschaffen, es würde bald anderst werden, Es ist mir

[Blatt 401]
bereits 33: Wochen, daß ich in diesem Kercker eingeschloßen bin, ich glaubete mein Bitten und Vorstellen solte auch einen Stein bewegt haben, ich weiß nicht warum ich so unglückseelig zu Ihro Gnaden Hl: Ebner bin; Euer Gnaden haben die Gnade vor mich, und stellen meinen Nothstand nochmahlen vor, damit doch mir nicht Weib und Kind auch ruiniert wird, ich bin schon verdorben, beÿ solchen Umständen bin ich nicht mehr vermögend mir zu helffen, ich bezeuge es mit Gott und der Heÿl: 3:faltigkeit, daß mir wochentlich jezo beÿ dieser Zeit 15: biß 20: fl: schadet, dann wann diese Zeit vorbeÿ, habe ich als dann zu feyren genug, man darff nur in der eben waag fragen, es wird sich schon zeigen, daß wo ich jezo nicht mich erhohlen kan, so ist die Nahrung hin, und wann ich so dann erlediget werde, so muß ich als ein Schelm zur Stadt hinaus, dahero ich nicht mehrers bitte, als nur meinem Weib anbedeuten zu laßen, daß Sie sich nicht gar minimiert sehen; lieber dienst zu suchen, es gehe dann wie der liebe Gott will. Wann die Sache dann so lange beÿ Einem HochEdlen Rath lieget, so haben Ihro Gnaden die Gütigkeit, und urgieren, daß es einmahl hervorgesucht werde, und zu einem Außgang komme, wann es so lange ligen bleibt, so wird es niemahlen außgemacht werden: allein ich bin immer der Meinung, daß es an niemanden hanget, als an Ihro Hochwohlgebohrn und Gnaden Hl: Ebner; Ich bitte am Ende nochmahlen für mich zu bitten, die Sache so zu machen, damit ich nicht gar so dann betteln dörffe: Ich glaube, wann ich Ihro Gnaden Hl: Ebner zu einem gnädigen Herrn hätte, so wäre mir geholffen, allein so habe ich nichts als Ungnade von diesem Herrn und kan ich Ihme nicht erbitten, ich fange auch an, was ich will, wann es ja beÿ einem HochEdlen Rath liegen solte, so wolle ich gebetten haben; Ihro Hochwohlgebohrn und Gnaden Hl: Ebner solle vor mich intercedieren, so weiß ich gewiß, daß mir geholffen ist und wird. Ich verbl: inzwischen mit allem unterthänigsten Respect

Euer Wohlgebohrn und Gnaden

é Carcere den 12: Januarij
1734.

Unterthänig Gehorsamster
Johann Philipp Andreae
Mathematicus.
33: Wochen gefangen.


[Blatt 402]
P.S. Ich wolte beÿ dieser meiner affaire, weilen es beÿ Ehl: Rath ligt, Partem pro Toto nehmen, und Ihro Hochwohlgebohrn und Gnaden Hl: Ebner dieses mahl erwehlen, dann wüßte ich gewiß, daß ich einen gantzen HochEdlen Rath in meiner Sache zu Gnädigen Herren hätte.


Fußnoten

  1. Matthäus Seutter (1678-1757) war Kartograph und Kupferstecher in Augsburg.
  2. Hieronymus Wilhelm Ebner von Eschenbach (1673-1752) diente seit 1700 dem Rat der Stadt Nürnberg.
  3. Johann Albrecht Spies (1667-1744) war am 18. April 1667 als Sohn des gleichnamigen Pfarrers und dessen Ehefrau Susanna Dorothea in Mögeldorf getauft worden. Er wurde Schreiber im Vormundamt. 1726 wurde ihm Adam Birkner (1700-1780) als Substitut zugeordnet.Spies scheint häufiger krank gewesen zu sein, Birkner musste ihn dann vertreten und scheint 1733 sein Nachfolger geworden zu sein. Am 04.03.1744 wurde er bestattet.
    Taufen St. Nicolaus und Ulrich (Mögeldorf) 1654-1678, S. 156 (Scan 173), Nr. 24.
    Bestattungen St. Sebald 1741-1754, S. 167 (Scan 114), Nr. 23
    Stadtarchiv Nürnberg: B 5/IV Nr. 38.