Briefwechsel Johann Philipp Andreae


Kurzinformation zum Brief  
Autor Holzberger, Johann (1698-?)[1]
Empfänger Johann Philipp Andreae (1699-1760)
Ort Ansbach
Datum 12. Oktober 1733
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 278-281
Transkription Hans Gaab, Fürth

Monsieur mon tres honoré Ami !

Es ist heute die Frau Herrgöttin[2] beÿ mir geweßt und hat mir einen Brieff von Hl. vorgewießen, woraus ich ersehen, daß noch beÿ Hl. in gutem Angedenken stehe, indem Sie vor mein zu machendes fortune besorget sind, worvor ich herzl. danke und mich zu allen möglichen Gegendiensten offerire. Anbeÿ berichte, wie ich dermahlen hier in Anspach beÿ Frau Cammerräthin Hornungin[3] in Condition stehe, und wie mein statuo dermahlen also beschaffen, daß schon würklich hier examinirt, mir auch alle Hl. Consistoriales die beste Hoffnung machen und zugesagt mit nächsten emploirt zu werden, Auch Ihr Hochfürstl. Durchl. selbsten die hohe Gnade vor mich gehabt, solches zu versichern, so bin ich nicht mehr gesinnt hier weg zu gehen, in dem mein emploi hier gewiß ist: die weil ich vollkommen nunmehr durch das ausgestandene Examen so zu sagen naturalisirt und in numerum expectantium auffgenommen bin, eine Condition zum informiren suche ich gar nicht mehr,[4] wann es aber ein Dienst wäre, so müßte wißen, wie es darum beschaffen, dann wann ich mein Sach nicht verbeßern kann, so ist ja beßer ich bleibe, indem ich hier im Land die beste Hoffnung hab, nicht immer auff einen Dienst, der etwa anfänglich etwas gering seÿn möchte, zu bleiben, sondern mit Gott und der Zeit höher zu avanciren: indeßen bleibe doch all Zeit verbunden vor die geneigte Vorsorge und

[Blatt 279]
bitte ferner mein guter Freund zu verbleiben:

á propos etwa vor zweÿ Monathen haben die Nürnberger Herren an die hiesige Regierung wegen meiner geschrieben, daß ich solte ein Pasquill auff Sie gemacht haben, und solle solches ein Buchdrucker auff mich bekant haben, ich weiß nicht was solcher vor ein verlauffener Tropff mag geweßen seÿn, dann so lang ich wieder hier im Land, welches jezo schon in das erste Jahr gehet, hab ich mit keinem Buchdrucker etwas zu thun gehabt, auch mein tag nichts drucken laßen, es seÿ denn etwa ein Hochzeit Carmen geweßt, welches ich verfertiget, und einem guten Freund zu Gefallen gemacht, dann mit jenes gleichen pasquillantischen Lumpenhändeln mag ich nicht umgehen, und meinen Ehrlichen Nahmen, außer dem nichts habe, damit beschmuzen, ich stehe aber hier in so guter Renommé daß, man die Sach nicht einmal gewürdiget mich darüber zu constituiren, indem man hier wohl weiß, daß meine studia gern zu Gottes Ehre, der mir die Gaben gegeben, und zum Nuzen meines höchsten anwende, nicht aber zu solchen Dingen die mich und meinen Höchsten blamiren, und es ist eins theils auch gut daß ich nicht bin darüber constituirt worden, sonst würde entweder alle satisfaction ersucht oder wo solche nicht erhalten, denen Nürnberger Herren eine solche Pillen zu verschlucken gegeben haben, daß sie es hinter einem schlechten Studioso nicht gesucht hätten, dann die Ehr und mein Leben ist mir eins wie das ander, doch bin ich unter der Hand gewarnt worden, mich vor Nürnberg zu hüten, indem Sie dorten gewohnt sind, nach ihrer weltbekannten Grobheit, auch manchmal mit honesten leuthen

[Blatt 280]
zu verfahren und kein Reflexion auff den Stand zu mach und wann einer solchen Schimpff einmal hätte, so könte ihn, wenigstens mir, keine Satisfaction mehr außlöschen; ich habe aber gesagt, wann die Hl. von Nürnberg 1000 Ducaten hier her, zu Caution meiner Satisfaction, niederlegten, so wolte mich selbst stellen, ich traute mir in kurzer Zeit nicht reicher zu werden. Ich möchte nur wißen was dieser Buchdruker vor ein Erzflegel und Landläuffer wäre, und wie er zu meinem Nahmen gekommen, dann ich micht nicht zu entsinnen weiß mit einem geredt zu haben, als mit Hl. Enderes[5] in Schwabach, der doch an sich selbst kein Buchdrucker, sondern nur mit Büchern handelt: nun es seÿ genug, die Herren von Nürnberg haben mir hierin unrecht und großen Tort gethan, dann ob ich mich schon nicht viel darum bekümmere mich auch nichts darum annehme, so ist es doch einiger maßen eine blame, und frißt als dann semper aliquid haeret,[6] der eine raisonirt doch so davon, der andere anderst: Doch wer mich kennt, weiß ich gewiß, daß ers vielmehr vor eine verfluchte Calumnie ansiehet, als daß es einigen Grund in der Wahrheit hätte: Befehle mich Hl. Höchsten dieselben aber der Obhut Gottes und verharrr

Monsieur mon tres honoré Amij
votres tres humble Serviteur

Jean Holzberger Condidate du saint Ministere.

Anspach den 12. 8brl.
ao. 1733.

NB. ich weiß nicht ob man das Schreiben
puncto mei von hiesiger Regierung
beantwortet oder nicht: Leben Sie wol.


Fußnoten

  1. Johann Holzberger (1700-?) war am 28.06.1700 im badischen Meißenheim als Sohn des Pfarrers Johann Georg Holzberger und seiner Frau Maria Salome geboren worden. Er studierte Theologie und wurde am 07.05.1734 in Ansbach ordiniert. 1734 war er Adjunkt in Sulzbach, 1735 Pfarrer im zwischen Crailsheim und Feuchtwangen gelegenen Mariäkappel. Holzberger heiratet am 24.01.1736 die Tochter eines Zollkommissärs in Schwabach , 1741 musste er wegen Ehebruchs von seiner Stelle fliehen.
    Meißenheim Mischbuch 1670-1705 (Scan 22).
    Simon, Matthias: Ansbachisches Pfarrerbuch. Nürnberg 1957, S. 211, Eintrag 1283 (Das hier angegebene Geburtsdatum ist das seines zwei Jahre älteren Bruders Johann Andreas Holzberger).
  2. Der Pfarrer Lorenz Jakob Herrgott starb am 16.06.1718 in Gerabrunn. 1708 hatte er Anna Regina Baumann geheiratet, die am 04.12.1755 in Obertürkheim starb. Sie dürfte hier mit der "Herrgöttin" gemeint sein. Allerdings bezeichnete sie Andreae im Brief vom 14.07.1733 als geborenen Andreae, was auf Anna Regina Baumann nicht zutrifft.
  3. Diese Person konnte bislang nicht identifiziert werden.
  4. Holzberger suchte also keine Anstellunge als privater Hauslehrer mehr.
  5. Johann Jacob Enderes ist seit 1732 als Buchhändler in Schwabach nachweisbar. Vgl. Stadtlexikon Schwabach 20087, S. 161 (Verfasserin: Sabine Weigand).
  6. semper aliquid haeret: es bleibt immer etwas hängen.