Briefwechsel Johann Philipp Andreae


Kurzinformation zum Brief  
Autor Andreae, Johann Philipp (1699-1760)
Empfänger Grundherr, Carl Sigmund Ferdinand (1694-1763)
Löffelholz, Johann Carl (1673-1756)
Ort Nürnberg
Datum 15. September 1733
Signatur Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 164-166
Transkription Hans Gaab, Fürth

J. J.

Wohl Gebohrne, Gnädige Herren.

Bis dat, qui cito dat, non dat, qui Munera tardat.[1]

Gnade und Barmherzigkeit sind ebenfalls unter die Geschencke zu nehmen, deren sich der Kupfertrucker dermahlen allein zu gaudieren hat,[2] ich aber nicht nur mit doppelter sondern gar vierfacher straffe beleget worden, erstl: am leibe, wo ich die Qual und Marter in einem so düsteren gefängnus, welches dem Höllenschlund ehenden zu vergleichen, außzustehen, ohnmögl: mehr im stande bin; fürs andere werde ich dadurch meines lebens, beÿ längerer anhaltung ohnehin beraubet, indeme ich bereits beÿ 16: tag nichts genossen, auch beÿ solchem kummer und unaußstehlichem Jammer nicht im stande bin; fürs dritte an Haab und Guth da nicht nur die Unkosten mir sehr hart fallen, zu restaurieren, sondern ich muß auch meine zu fordern habenden Schulden darüber verliehren, wie es bereits das ansehen hat, da der saubere Glück[3] leugnet mir etwas schuldig zu seÿn, warum aber, weilen Er gedencket, daß Ihme nicht contradiciren kan, wodurch also nicht nur ich, sondern auch mein unschuldiges Weib und Kind darunter leiden und in das Verderben kommen, da es doch eine Summa von 350 fl. ist, fürs vierte muß auch die Seele darunter Mangel leiden, welches das mehreste ist, und bezeuge ich nochmahlen vor Gott und der heÿl. Dreÿfaltigkeit, daß ich diese Gefängnus auß zu stehen nicht mehr durch meine eigenen Kräfte capabel bin, und wo Euer Wohlgeborn und Gnaden fürbitte wegen meiner baldigen erledigung nicht fruchten solte, beÿ Einem HochEdlen Magistrat, zumahlen ich nunmehro in 2: brieffen[4] an Ihro Hochwohl Gebohrn und Gnaden Hl: Ebner[5] alles gar, was ich gewust, freÿwillig entdecket; so könte ich mir nimmer weiter helffen, was eine änderung geschähe, welche wider meinen willen terribis anzusehen wäre; ich bin ja so zu sagen, wol elender als ein hund, deme zwar keine vernünfftige Seele von Gott gegeben, dieser, wann er gebissen wird, darff sich doch seiner haut wehren und defendiren, mir aber ist auch dieses zu meiner

[Blatt 165]
Schutzwehr und Rettung der Unschuld benommen, wo soll ich dann wider meine falsche Ankläger, wegen der Pasquill eine defension erhalten, anderst als beÿ Gott dem höchsten Richter, an dene ich zu appellieren auf solche weiße hohe Ursach habe, damit meine Unschuld hierinnen gerettet werde. Ich bitt nochmahlen wegen meiner begangenen Fehler Gnade für Recht ergehen zu lassen, damit ich nicht gar unter diesen schwehren und mir unerträgl: Cartzers Joch ersticken möge, Ich will alles thun, was mir zu thun auferleget wird. Gewiß ists, daß auf dieser welt besser ist, wider Gott sündigen, man wird mit keiner solchen harten Straffe angesehen. Es haben ja schon die größten Verbrecher von Einem HochEdlen Magistrat Gnade erlangt, soll dann ich allein umb dieser Sache wegen so ungnädig angesehen werden, welche ich schon mit viel tausend Thränen beweinet, und dagegen alles wider zu verbessern in andern dingen mich erbotten und zu praestieren verbinde. Ich flehe Euer WohlGebohrn und Gnaden nochmahlen umb der liebe Jesu Christi Willen an, Sie retten eine angefochtene Seele auß dem Kercker, damit Sie Trost erlange, ich weiß mir nicht mehr zu bleiben, ich will lieber stündl. mein weniges Leben dargeben als noch länger gefangen sitzen, Sie helffen mir aus diesem Kummer, damit ich einiger massen erquicket werde, ich werde hinfüro zeigen, daß ich mit allem unterthänigsten Respect seÿe

Wohl Gebohrne, Gnädige Herren

dero

é Carcere den 15: Septembris 1733:

Unterthänigst Gehorsamster, schon
16: wochen elendigl. gefangener

Johann Philipp Andreae


Fußnoten

  1. Wer schnell gibt, gibt doppelt, nichts gibt, wer langsam gibt.
  2. Der Kupferdrucker Abraham Brennauer (Bronauer, Brünauer) war am 18.07.1733 inhaftiert worden, am 21.08.1733 kam er gegen Kaution frei. Laut seines ersten Verhörs am 18.07.1733 war er war 35 Jahre alt, wohnte in der Katharinengasse, war verheiratet und hatte ein Kind. Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 35.
    Er hatte am 12.02.1725 geheiratet: "d. 12. Febr. [1725] Der Ers. Abraham Brunnauer, Kuferdrucker, des Ers. und Kunstr. Eberhard Brunnauer, Messerschmidts Ehel. [Sohn] die Tugendsame Jgfrl. Anna Catharina, des Ers. Georg Hofmanns, Rothgießers und Verlegers Ehel. Tochter. Frühmeß", Trauungen St. Lorenz 1664-1736, S. 970 (Scan 599). Am 06.01.1727 wurde die Tochter Maria Magdalena geboren, Taufen St. Lorenz 1713-1735, S. 108 (Scan 54).
    Zu ihm siehe Grieb, Manfred: Nürnberger Künstlerlexikon, Band 1. München: Saur 2007, S. 185.
  3. Der Kupferdrucker Bernauer war gegen Kaution aus der Haft entlassen worden.
  4. Johann Paul Glück stammte aus Reichelsdorf. Im Verhör vom 19.10.1733 sagte Andreae über ihn, es "wäre eine bekannte Sache, daß dieser schon 4. Jahre mit dem Zollwesen, von denen hier abgehenden Kaufmanns Güthern, umgehe, auch lange Zeit alle Sonnabend hier gewesen seÿe und obacht gehabt habe, was von dergleichen abgeführet worden." In den Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calendern für 1747, 1748 und 1754 wird er als ist er als Zoll-Commissarius verzeichnet. Falckenstein verzeichnet ihn 1740 als Zoll-Inspector und 1756 als "Zoll-Commissarius von 4. Ober=Aemtern". Glücks Tochter Sybilla Helene kaufte 1764 um 6600 Gulden das Haus in der Königstraße 2 in Schwabach. Auch hier wurde der Vater als Zollkommmissar bezeichnet. Nach Schuhmann war er von 1765 bis 1770 Oberzollkommissar in Schwabach.
    Verhör Andreae, 19.10.1733, Staatsarchiv Nürnberg: Ratskanzlei-A Laden A 155-2, Bl. 239
    Dehm, Karl; Heckel, Gottlob: Häusergeschichte der Altstadt Schwabach. Schwabach 1970, S. 256
    Falckenstein, Johann Heinrich: Chronicon Svabacense. Schwabach: Johann Jacob Enderes 1740, S.28
    Falckenstein, Johann Heinrich: Chronicon Svabacense. Schwabach: Johann Jacob Enderes 1756, S.83
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1747, S. 55
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1748, S. 55
    Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Address- und Schreib-Calender. 1754, S. 62
    Petzold, Johann Wolfgang: Chronik der königlich bayerischen Stadt Schwabach. Schwabach: Theodor Mizler 1854, S. 139
    Schuhmann, Günther: Die Deliciae topogeographicae Noribergenses und ihre Verfasser. Jahrbuch für fränkische Landesgeschichte 19 (1959), S. 493.
  5. Diese Briefe sind nicht überliefert.
  6. Hieronymus Wilhelm Ebner von Eschenbach (1673-1752) war seit 1729 Leiter des Vormund- und des Almosenamts wie auch Kirchenpfleger.
    Fleischmann, Peter: Rat und Patriziat in Nürnberg (= Nürnberger Forschungen, Band 31/2). Neustadt a.d. Aisch: Schmidt 2008, S. 372-374