Galilei und Marius


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... den akademischen Autoritäten hatte er sich zahlreiche Feindschaften zugezogen, so dass er es für klug hielt, sich einen Platz außerhalb seiner Heimat zu suchen. In Padua war sein Ruhm noch größer geworden. Versehen mit rhetorischem Talent und scharfer Zunge, die sich in seinen literarischen Werken manifestierten, getrieben vom Wunsch, im Kampf gegen alte Vorurteile aufzufallen, hat es Galilei nicht versäumt neben seinen vielen Feinden auch Bewunderer und Freunde um sich zu scharen. Wegen des Missverhältnisses zwischen seinem Einkommen und den fälligen Ausgaben für sich und zur Unterstützung seiner Famile, war er jedoch in einer schwierigen Lage, denn nach dem Tod seines Vaters Vincenzio Galilei [ca. 1520-1591] stand er ohne eigene Mittel da.

Besorgt um seinen Ruf, war er gezwungen, seine Ansichten bezüglich der großen Frage zu verheimlichen, die die alten Lehren in Frage stellte, nämlich der Frage nach der Bewegung der Erde und dem copernicanischen System.

Kepler ließ Galilei seinen Prodromus dissertationem cosmographicum zukommen, worauf der 1597 antwortete, dass er dieses Werk gerne lesen werde:[1] "was ich umso viel lieber tun werde, weil ich schon vor vielen Jahren zu den Anschauungen des Copernicus gekommen bin und von diesem Standpunkt aus die Ursachen vieler Naturvorgänge entdeckt habe, die auf Grund von gewöhnlichen Annahmen zweifellos nicht zu erklären sind. Ich habe viele Argumente und Widerlegungen gegensätzlicher Argumente zusammengetragen, habe sie aber bisher nicht veröffentlicht, da ich durch das Schicksal unseres Herrn Copernicus selbst aufgeschreckt bin, der, obwohl er einer der wenigen ist, der unsterblichen Ruhm erworben hat, doch von unendlich vielen anderen (so groß ist die Anzahl der Narren) als lächerlich und unerträglich hingestellt wird."[2]

Trotz der dringenden Mahnungen Keplers, trotz der Stärke seiner eigenen Überzeugung und seiner ihm innewohnenden Leidenschaft und seines aktiven und aggressiven Charakters, unterdrückte Galilei weiterhin seine wirklichen Ansichten.

So stand er nach wie vor in guten Beziehungen mit den Jesuiten und ihren Freunden, wie Clavius [1538-1612] in Rom und Paolo Gualdo[3] in Padua, und mit dem ihm nahestehenden Paolo Sarpi[4] [1552-1623] aus Venedig, dem einflussreichen Verteidiger der Rechte der Republik gegen die hierarischen Einflüsse von Papst Paul V.


Fussnoten

  1. [Anmerkung des Bearbeiters] Galilei an Kepler, Padua, 4. August 1597. Nachzulesen im Band XIII (Briefe 1590-1599) der Keplerwerkausgabe (München: Beck 1945), S. 130f., Brief 73.
    Er hatte Keplers Prodromus aber gerade erst erhalten und war noch nicht zum lesen gekommen.
  2. [Anmerkung des Bearbeiters] Vgl. Schmutzer, Ernst; Schütz, Wilhelm: Galileo Galilei. Leipzig: Teubner 1989, S. 34.
  3. [Anmerkung des Bearbeiters] Paolo Gualdo (nicht Guardo, 1553-1621) war Theologe in Padua, der mit Galilei befreundet war.
  4. [Anmerkung des Bearbeiters] Paolo Sarpi (= Fra Paolo, 1552-1623) war Mitglied im Orden der Serviten. Er lebte in Venedig, von wo aus er eine umfangreiche wissenschaftliche Korrespondenz unterhielt.