Christoph Jacob Glaser:
Brief an Martin Knorre, 1691

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Stadtbibliothek Nürnberg, Amb. 2. 990, Bl. 25, S.2


Übersetzung

[Nichts ist inzwischen wünschenswerter, als dass unsere tüchtigen Verehrer der Urania,] sei es in Deutschland, sei es im Ausland, ihre sorgfältigen Beobachtungen, zugleich mit einer zuverlässigen Beschreibung der angewandten Instrumente, zusammentragen, und sich gegenseitig in diesem äußerst notwendigen Studium, unterstützen: Wer möchte bestreiten, dass daraus der gelehrten Welt große Früchte wachsen würden? Zu hoffen ist, dass dies nicht nur ein großer Wunsch bleibt! Denn wenn in weniger wichtigen Angelegenheiten solche Hilfen entweder vergeblich versprochen oder der bittenden Hand geradewegs abgeschlagen werden? Was frage ich, darf dann noch von Gebildeten erhofft werden? Auf einen großen Rücklauf hoffend, lud unser berühmter Sturm die gelehrten und in den Naturwissenschaften kundigen Männer durch jenen Brief ein, Beobachtungen des Magneten anzustellen, wozu ihnen eine hervorragende Methode, mit der diese Beobachtungen leicht anzustellen sind, bescheiden und höflich angeboten wurde. Es erfordert diese Angelegenheit keinen Aufwand, nicht viel Zeit, keine prächtigen Instrumente und nicht viel Arbeit; doch fast vergeblich: wo doch den Nachfahren zu nutzen Aufgabe aller guten Männer ist.

Wie sich hiermit auch verhalten mag, nahe der vergangenen Tag- und Nachtgleiche, wurden von uns kürzlich, sorgfältige magnetische Beobachtungen angestellt. Bei dieser Gelegenheit kamen 50 und mehr Magnetnadeln zur Anwendung, darunter solche, die hier vor Ort hergestellt wurden, aber aus sehr alte aus dem vorigen Jahrhundert von [Georg] Hartmann, der zu seiner Zeit ein herausragender Mathematiker und Naturforscher war. Wiederholt zwischen neuen und alten Nadeln abwechselnd, bestimmten wir Schritt für Schritt die Abweichung der Magnetnadel, die, von einem Punkt der Meridianlinie Richtung Norden ausgehend, nicht Richtung Aufgang, wofür vor hundert Jahren 13 Grad oder, wie vielfach auch angenommen wurde, 8 Grad und mehr gefunden worden war, sondern sie wich gegen Untergang um 6 Grad 37 Minuten ab, wo wir vor 12 Jahren am gleichen Ort diese Magnetnadeln verwendet hatte, und die Abweichung 5 Grad 5 Minuten gegen Westen betrug.

Dieser Fortschritt der bewunderungswürdigen Tüchtigkeit, gerade bei diesem Meilenstein, erregte die Gemüter einiger wissbegieriger Männer so, dass sie sich von Neuem eine gegenseitige Unterstützung wenigstens der Deutschen bei der Erforschung der Natur der Magnetnadel wünschten. Denn dafür sind die Beobachtungen unter diesem Längengrad geeignet, die vielfach um die Äquinoktien und zu mehr Sicherheit auch um die Solstitien herum angestellt wurden und auch öffentliches Interesse fanden. Wenn nämlich (wie der ganz ausgezeichnete Herr Sturm, bedacht aufs öffentliche Wohl, in diesem Einladungsschreiben klug feststellte, das vor neun Jahren und dem, das jetzt endet, verschickt wurde), eine Regelhaftigkeit der sich ändernden Deklination für jeden Breitengrad sicher ermittelt werden könnte, bestünde einige Hoffnung, die Bestimmung der Längengrade der Erde selbst angehen zu können, und damit der Geographie einen bedeutenden Vorteil zu bringen. Die Schifffahrt könnte sicher in den Häfen aus der Kenntnis der Länge und der magnetischen Deklination