Die Weltkarte von Dürer und Stabius von 1515
Die Kugelgestalt der Erde
Altertum:
- Schon im Altertum war bekannt, dass die Erde eine Kugel ist. So findet sich z.B. in der aristotelischen Schrift Über das Himmelsgebäude die klare Aussage, dass ihre Form „notwendig die einer Kugel sein muss“. Aristoteles begründete dies u.a. mit den folgenden Argumenten:
- Bei Mondfinsternissen fällt der Schatten der Erde auf den Mond. Dieser ist kugelrund.
- Bild dazu von Peter Apian [ETH Zürich]
- Bei Wanderungen gegen Süden oder Norden verändern sich die sichtbaren Sternbilder.
- Bei Mondfinsternissen fällt der Schatten der Erde auf den Mond. Dieser ist kugelrund.
- Als drittes Argument kam häufig hinzu:
- Von einem einfahrenden Schiff sieht man im Hafen zuerst die Mastspitze, erst beim Näherkommen das ganze Schiff. Wäre die Erde eine Scheibe, sollte man sofort das ganze Schiff sehen, wenn auch anfangs sehr klein.
Zeitgenössische Argumente:
- Das gebräuchlichste einführende Werk in die Astronomie zu Dürers Zeiten war die Sphaera von Sacrobosco. Von ihr brachte Conrad Heinfogel 1516 in Nürnberg die erste deutsche Übersetzung heraus. Das fünfte Kapitel handelte von der "rundt des Erdtrischs", das sechste "von der rundt des wassers".
Heinfogel 1516 | Wiedergabe in modernem Deutsch |
eine vnd eben selbige finsternuß des Monds/ die vns erscheynt in der ersten stundt der nacht/ die erscheynt den lewten gegen dem auffgang umb die dritten stundt der nacht/ Vnd ist dauon/ das den selbigen lewtten ee nacht ist gewesen/ unn die Sonn ee unter gangen ist dann vns/ Dyses dings keynn anndere vrsach ist/ dann das erdtrich kuglet unn auffgeschwollen ist von dem auffgangk der sternn biß zu irem vntergangk. | Ein und dieselbe Mondfinsternis, die uns zur ersten Nachtstunde erscheint, die erscheint den Menschen im Osten um die dritte Nachtstunde. Das kommt daher, dass bei diesen Menschen die Nacht eher eintritt und die Sonne eher untergeht als bei uns. Das hat keine andere Ursache als die, dass die Erde kugelförmig und kreisförmig ist vom Aufgang der Sterne bis zu ihrem Untergang. |
ein mensch gieng von mitternacht gegen mittentag. Er möcht so verren geen/ das die Sternn die im vor waren ewigklich ansichtig/ wurden sich neygen zu dem nidergangk/ vnd ye mer er sich nehet zu dem mittag/ ye mer sich naygten zu dem untergang. | Ein Mensch gehe von Norden nach Süden. Er möge so weit gehen, dass die Sterne, die im vorher immerzu sichtbar waren, sich gegen den Horizont neigen würden. Je mehr er sich nach Süden begebe, desto mehr neigten sich die Sterne dem Horizont zu. |
das auge des menschen oben in der höhe des mastbawms mags wol sehen das selbig zill/ vnd solt doch das vnter aug bey dem mastbawm baß sehen das zill dann das oberst Das do offenbar ist durch die linien gezogen von beyden augen zu dem zill/ das mag kein andere ursach sein/ dann die runde des wasser Siehe die zugehörige Abbildung |
Kapitel 6: Das Auge des Menschen oben im Mastbau mag wohl ein und dasselbe Ziel sehen, und sollte doch das untere Auge beim Mastbaum das Ziel genau so sehen wie das obere. Was offenbar wird durch die Linien, die von beiden Augen zum Ziel gezogen sind. Das hat keine andere Ursache als die Wölbung der Meeresoberfläche |
- Veranschaulichende Abbildung zu den vorgebrachten Argumenten
Fazit:
- Die Kugelgestalt der Erde war schon im Altertum bekannt und auch während des gesamten Mittelalters und der beginnenden Neuzeit in gelehrten Kreisen unumstritten.
Literatur:
- Hamel, Jürgen: Die Vorstellung von der Kugelgestalt der Erde im europäischen Mittelalter bis zum Ende des 13. Jahrhunderts – dargestellt nach Quellen. Münster: Lit 1996
- Leich, Pierre: Vom gewölbten Himmel zur runden Erde – Argumente aus der Frühgeschichte der Astronomie. Regiomontanusbote 8/3 (1995), S. 26-29 [pdf-Datei]
- Sacrobosco, Johann von: Sphaera materialis. Deutsche Übersetzung von Heinfogel. Nürnberg: Jobst Gutknecht 1516 [BSB München: Res/4 Astr.u. 129f]
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